Christina Wessely


Um die Wende zum 20. Jahrhundert war der Golf von Neapel für Wissenschaftler und Intellektuelle ein besonderer Anziehungspunkt: Biologen kamen in die Region, um an der Zoologischen Station zu forschen, die seit ihrer Gründung 1872 zu einem Zentrum der Lebenswissenschaften geworden war. Aber auch Philosophen und Kulturtheoretiker (Benjamin, Kracauer, Adorno, Sohn Rethel, Bloch) besuchten die süditalienische Metropole und die ihr vorgelagerten Inseln, deren spezifisch vormoderner Charakter vielfältige geschichts- und sozialphilosophische Überlegungen inspirierte. Sowohl im biologischen als auch im kultur- bzw. gesellschaftstheoretischen Diskurs bildete sich dabei eine besondere Sensibilität für Milieus, Umgebungen und Lebensbedingungen heraus. Mein Vortrag bezieht diese beiden augenscheinlich disparaten Diskurse aufeinander und versucht zu ergründen, warum der Golf von Neapel offenbar selbst ein ideales Milieu war, um einige Schlüsselthemen der Moderne zu schärfen.