Arata Takeda


Eines der wiederkehrenden Anliegen in Walter Benjamins Denken und Schreiben, so lässt sich beobachten, ist die Benennung und Zerschlagung eingewurzelter konventioneller Vorurteile. In kaum einem anderen Text von Benjamin tritt dieses Anliegen so bedeutend hervor wie im Ursprung des deutschen Trauerspiels, in dem die Kritik an verbreiteten Vorurteilen bezüglich der Tragödie und des Tragischen nicht nur einen programmatischen Platz einnimmt, sondern auch eine durchdringende Kraft entfaltet. Im Lichte jüngster Forschungen zur Theoriegeschichte der Tragödie darf indessen auch die umgekehrte Frage nach Benjamins eigenen, durch seinen theoriegeschichtlichen Standort bedingten, Vorurteilen gewagt werden. Der Beitrag verfolgt zwei Ziele: zum einen zu skizzieren, vor welchem theoriegeschichtlichen Hintergrund die Vorurteilskritik in Benjamins Trauerspielbuch erfolgt, und zum anderen herauszustellen, welche problematischen Annahmen darin unhinterfragt bleiben.